Senioren: FAIRPLAY – Das leise Fundament des Fussballs* a.k.a. Ein Sieg wie eine Niederlage
- Jan Keller
- 19. Okt.
- 3 Min. Lesezeit
Senioren 30+, FC Kreuzlingen - FC Pfyn, 1:2
Fussball lebt von Leidenschaft, Emotion und unbändigem Siegeswillen. Jeder Sprint, jedes Tackling und jedes Tor ist Ausdruck davon, wie sehr dieser Sport die Menschen bewegt. Doch jenseits von Pokalen, Tabellen und Triumphen entscheidet etwas anderes über die wahre Grösse des Spiels: Fairplay. Es ist das unsichtbare Band, das Spielerinnen und Spieler, Trainerinnen und Trainer, Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter sowie Fans verbindet und das den Fussball zu mehr macht als nur einem Wettkampf.
* Titel und obiges Zitat aus OFV Info, Herbst 2025, Ausgabe 01, Saison 2025/26
Vorletzten Freitag waren die Pfyner Senioren bei den Senioren des FC Kreuzlingen zu Gast. An diesem herbstlich kühlen Abend waren die Prioritäten klar gesetzt. Das Promotion-League Team aus Kreuzlingen nutzte den Naturrasen für ihr Abschlusstraining (ein 1:2 Erfolg gegen den FC Bulle folgte am Samstag), die Senioren den deutlich kleineren Kunstrasenplatz. Zumindest war damit auch keine längere Angewöhnungsphase notwendig. Aushilfscoach Stalder hatte eine spielfreudige Startformation zusammengestellt und so war es nicht verwunderlich, dass bereits in der ersten Minute ein weiter und präziser Ball von Müller zur ersten Torchance führte. Gantenbein verpasste nur knapp. Nur eine Minute später fand ein Steckpass von Beerli den anstürmenden S. Gerber, welcher in extremis zur frühen 0:1 Führung einnetzen konnte. Bei seinem Abschluss wurde er so hart angegangen, dass er nur mit Mühe weiterspielen konnte. Auch in den nächsten Minuten blieben die Pfyner spielbestimmend und gefährlich vor dem Tor. Ott scheiterte nach einem Prellball knapp und S. Gerbers Abschluss nach Vorarbeit von Gantenbein strich über die Latte (12. Minute).
Das Heimteam fand kaum Zugriff auf das Spiel und erhöhte in der Folge die physische Präsenz, garniert mit zunehmend unfairen Aktionen. Die folgenden 25 Minuten waren dann auch kein Augenschmaus. (Über-)harte Zweikämpfe, Fouls, Halten und Nachtreten führten, meist durch die Kreuzlinger verursacht, zu vielen Unterbrüchen. Auch verbal wurde ausgeteilt. Nicht nur Schiedsrichterentscheidungen wurden kommentiert, sondern auch die Pfyner Spieler mit allerlei Nettigkeiten eingedeckt. Das vermeintliche 0:2 durch Beerli nach einem Doppelpass mit S. Gerber hätte dem Heimteam vielleicht etwas Wind aus den Segeln genommen, wurde aber aufgrund eines Abseits aberkannt. Die Pfyner hielten sich mit einer ruhigen und besonnen Spielweise vorerst schadlos, auch wenn die Kreuzlinger ihrerseits einige Male gefährlich wurden. Sie liessen sich auch von den Gehässigkeiten kaum anstecken.
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Nach dem nicht vorhandenen Pausentee startete die zweite Halbzeit für die Pfyner äusserst ungemütlich. Ahmetaj wurde nur unzureichend am Abschluss gestört und konnte in der 41. Minute den Ausgleich erzielen. Angetrieben durch den Treffer erhöhten die Kreuzlinger den physischen und verbalen Druck auf die Pfyner. Nach einem taktischen Foul von Taveira sah dieser zu Recht die gelbe Karte und wurde dabei von seinem Gegenspieler mit allerlei "Schmeicheleien" eingedeckt. Auch er sah dafür die gelbe Karte. Hätte der Schiedsrichter die widerliche und eines Seniorenspiels unwürdige Spuckaktion vom Kreuzlinger gegen Taveira gesehen, wäre er wohl mit der Ampelkarte vom Platz geflogen. So blieb das Vergehen ungestraft und hatte eine eindeutige Signalwirkung: noch härtere Zweikämpfe und verbale Entgleisungen folgten.
Da verkommt es fast zur Randnotiz, dass Ott in der 71. Minute nach einem Fehler in der Kreuzlinger Abwehr allein aufs Tor ziehen und die Pfyner wieder in Front bringen konnte. Oder dass der mittlerweile eingewechselte Niethammer mit grossem Einsatz zum Dribbling ansetze, sich fast bis zum Strafraum durchtankte und danach auch noch zu einer mirakulösen Grätsche ansetze. Trauriger Höhepunkt des Spiels dann kurz vor Schluss als sich Keller nach einem Zweikampf im eigenen Strafraum am Knie verletzte und offensichtlich von äusserst heftigen Schmerzen geplagt liegen blieb. Ob nun durch eigenes Verschulden oder bei einem Zusammenstoss mit einem Gegenspieler: In dieser Situation beim Schiedsrichter einen Penalty zu fordern, zeugt nicht nur von wenig Mitgefühl, sondern auch von grosser Taktlosigkeit.
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Der Schlusspfiff fühlte sich dann auch schon fast wie eine Erlösung an. Ein grosses Kompliment an dieser Stelle an den Schiedsrichter, der stehts ruhig blieb und sich von den verbalen Auseinandersetzungen nicht beeinflussen liess. Ein solches Spiel allein zu leiten, verdient Respekt.
Die Pfyner hatten zwar das Spiel gewonnen, konnten sich aber nicht so recht darüber freuen. Zwei verletzte Spieler, einer davon so schwer, dass ein MRI zur genauen Diagnose nötig sein wird. Auch die vielen unfairen Aktionen, die eines Seniorenspiels an einem Freitagabend nicht würdig sind, trugen dem getrübten Gefühl bei.
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≪Fairplay bedeutet, mit Respekt zu verlieren und mit Demut zu gewinnen≫
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Philipp Lahm, ehemaliger deutscher Nationalspieler
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16.10.2025 / Roman Gerber


